Taxonomie:
Graptemys caglei ist nicht die Höckerschildkröte, welche man zuletzt beschrieben hat, aber jene Art, die als letzte entdeckt wurde. 1957 wurden die ersten drei Exemplare
gefangen und damals als Graptemys pseudogeographica und später als Graptemys versa identifiziert. David Haynes, ein texanischer
Student, hatte großes Interesse am Artenreichtum der Höckerschildkröten. Er bereiste einige Flusssysteme im Südosten der USA, beobachtete und sammelte Höckerschildkröten. Ebenso sprach er eingehend
mit Fred Cagle über diese Gattung und über Cagles Arbeit. 1963, als er gerade den Guadalupe River
bereiste, sah seine Frau Michaele, wie sich eine Schildkröte auf einem Stein sonnte. Haynes ging ins Wasser und fing unter dem Gestein eine Schildkröte
hervor. Sofort war ihm klar, dass er eine unbeschriebene Graptemys in seinen Händen hielt. 1965 traf er Ronald Mckown. Die beiden
begannen damit, Tiere für die Erstbeschreibung zu sammeln. Als Artnamen planten die beiden eigentlich Graptemys guadalupensis oder Graptemys lambda (letzteres wegen der V-förmigen
Zeichnung auf der Kopfoberseite), entschieden sich aber dann 1974 zum Andenken an Fred R. Cagle, sie als Graptemys caglei zu bezeichnen.
Cagle verstarb 1969, kurz nachdem Haynes und Mckown die
ersten Tiere für die Erstbeschreibung gefangen hatten (Lindeman 2013, S. 40 – 41).
Beschreibung:
Die Weibchen der Cagles Höckerschildkröte werden maximal 21,3 cm groß, bleiben aber, ähnlich wie die schmalköpfigen
Sawbacks-Weibchen, meist deutlich kleiner. Tatsächlich wurde Graptemys caglei lange Zeit als schmalköpfige Höckerschildkröte betrachtet, sie ist aber eindeutig eine mesocephalische Art mit
mittlerer Kopfbreite und breiten Alveolaroberflächen. Wenn man den Kopf dieses Weibchens betrachtet, besteht daran kein Zweifel.
Die Männchen werden 7 bis 12 cm groß, besitzen einen schmalen Kopf, der
breite Alveolaroberflächen aufweist. Der Carapax erweist sich als sehr flach, grünlich bis braun mit gelben und dunklen konzentrischen Kreisen. Der Plastron ist weißgelb mit dunklen Zeichnungen
entlang der Schildnähte.
An Kopf, Hals und Beinen befinden sich cremefarbene Streifen. Die Kopfzeichnung ist geprägt von einem querverlaufenden Streifen am Kinn und bis zu drei sichelförmigen Linien entlang der Augenhöhle,
die sich bis zur Kopfoberseite kontinuierlich zu einer V-förmigen Zeichnung zusammenschließen. Die Sichel hinter den Augen – die G. pseudogeographica kohnii sehr ähnelt – kann auch
unterbrochen sein. Weiter befindet sich am Mundwinkel ein kleiner Fleck und dazwischen kann ein oder können mehrere Nackenstreifen den Orbit berühren. Die Iris ist weiß und mit einem schwarzen Balken
durchzogen.
Lebensraum und Verbreitung:
Das größte Vorkommen von Graptemys caglei lebt im Guadalupe River, im südzentralen Texas. Kleine
Populationen leben im Blanko River, ein Zufluss des San Marcos Rivers, aus dem in einem anliegenden Seitengewässer die ersten Exemplare in den späten Fünfzigern gefangen wurden und wo ihr Vorkommen
bis heute andauert (Lindeman 2013). Der San Marcos River fließt darauffolgend aus nördlicher Richtung in den Guadalupe River. Umstrittene Populationen
lebten im San Antonio und Medina River, welche den Guadalupe River vom Westen kreuzen. Haynes und McKown
geben in ihrer Erstbeschreibung an, dass sie dort wenige Graptemys caglei beobachten konnten, tatsächlich aber war es nur ein einzelnes Männchen mit einem Fernglas. Untersuchungen
in den neunziger Jahren ergaben erstmals negative Aufzeichnungen über G. caglei-Populationen im San Antonio Fluss. Es existieren weitere Hinweise, die auf ein früheres bestehen von
Graptemys caglei im San Antonio River hindeuten. Trotzdem ist es aufgrund der unsicheren Vermutungen und der erst späten Entdeckung unsicher, ob Graptemys caglei dort überhaupt
einmal mit größeren Beständen vorkam und durch Urbanisierung und Wasserbelastung zwischenzeitlich ausgerottet wurde (Lindeman
2013).
Der Guadalupe River entspringt in Kerr County aus dem North und South Fork Guadelupe River. Im Oberlauf führt dieser Fluss wenig Wasser und mit rapider Strömung werden dutzende Stromschnellen durchflossen. Der Grund besteht aus Kalkstein. Die Flussbreite beträgt ca. 50 bis 70 Meter und durch Kiesbänke sind lange, seichte Teiche mit dem Hauptstrom verbunden. In diesem Flussabschnitt ist Graptemys caglei mit kleinen isolierten Populationen ungleichmäßig und minimal verbreitet (Haynes & Mckown 1974). Stromabwärts wird der Fluss von 9 Staudämmen unterbrochen. Der größte und bekannteste davon ist der 30 Kilometer lange Canyon Dam. Graptemys caglei kommt im Canyon Lake nicht vor und ist flussabwärts bis zur Stadt New Braunfels praktisch auch nicht vorhanden (siehe Karte). Fünf weitere Stauanlagen, die eine Länge von 4 bis 14 Kilometer erreichen, befinden sich zwischen New Braunfels und Seguin. Dort fehlt Graptemys caglei gänzlich. Nach der Stadt Seguin bis Cuero lebt die größte Population von Graptemys caglei. Der Charakter des Flusses verändert sich zu typischem Graptemys Habitat: stark mäandernd und ein Flussbett aus Sand und Kiesbänken. Das Wasser ist trüb oder auffallend grünlich und die Ufer sind begleitet von einem Wald aus Weidenbäumen. Die Flussbreite erreicht 12 bis 25 Meter und 2 bis 3 Meter in der Tiefe. Ab der Stadt Cuero nimmt die Populationsdichte von Graptemys caglei wieder stark ab. Im unteren Guadalupe River in der Stadtnähe von Victoria erstreckt sich die südlichste Verbreitung dieser Art. Nach 608,5 Kilometern mündet der Guadalupe River in die San Antonio Bay und von dort aus in den Golf von Mexico.
Lebensweise:
Graptemys caglei ist in den meisten Jahren ganzjährig aktiv. Craig (1992, in Lindeman 2013) berichtet von einem erhöhten Sonnenverhalten in den Monaten Februar bis Mai und
Oktober bis November. Die vergleichsweise hohen Temperaturen in Texas lassen die Wassertemperaturen auch im Winter selten auf unter 10° C sinken und können teilweise sogar noch bei über 20° C liegen.
Im Sommer wurden maximale Wassertemperaturen von 32.48° C gemessen (Killebrew et al. 2002). Kleinere seichte Wasserstellen im Blanco River
können gefährlich hohe Temperaturen erreichen und austrocknen, sodass diese von Graptemys caglei nicht genutzt werden (Simpson &
Rose 2007).
Diese Art ist wie alle Höckerschildkröten sehr aquatil und bevorzugt Flussabschnitte mit mäßiger Strömung und Baumstämmen sowie aus dem Wasser ragende Steine und Zypressen, welche zum Sonnenbaden genutzt werden können. Besonders beliebt sind Äste von Weidenbäumen. Häufig genutzte Lebensräume im oberen Guadalupe River sind Stromschnellen und anliegende Teiche mit einer Tiefe von 1 bis 3 Metern. An den Kiesbänken und Übergängen zwischen Fluss und den Teichen verbringen die Männchen die meiste Zeit, da sich in Zwischenräumen von Steinen viele aquatische Insektenlarven ansammeln. Es ist erwiesen, dass sich Graptemys caglei speziell in der Nähe von Steinen mit einer Größe von 64 bis 256 mm aufhält (Killebrew et al. 2002). Auch im Wurzelwerk von Weidenbäumen suchen sie gerne nach Beutetieren. Die Strömungsgeschwindigkeit hat einen starken Einfluss auf das Auftreten dieser Art. Sämtliche Stauseen werden nicht bewohnt. Allerdings kommen sie wegen geringer Strömung und zahlreichen Weidenbäumen an den Ufern in drei kleineren Stauseen dennoch vor. Vermutlich finden sie in Stillgewässern und in sehr tiefen Gewässern kaum Nahrung. Bewiesen ist, dass die Populationen bei einem Strömungstempo von 2,3 Kubikfuß per Sekunde am höchsten sind (Killebrew et al. 2002). Zu starke Strömung, wie es im Oberlauf der Fall ist, beeinflusst die Populationsdichten wiederum negativ, weil es sämtliche Nahrung und Sonnenplätze flussabwärts schwemmt.
Aktionsraum und Bewegungsaktivität:
Eine Radiotelemetrie-Studie von Craig (1992, zit. in Killebrew et al. 2002 & Lindeman 2013) zeigt, dass Graptemys caglei einen variablen und doch
relativ großen Lebensraum nutzt. Die Männchen bewegen sich im Flussgebiet durchschnittlich 1.300 Meter (520 bis 2.700 Meter). Die Weibchen halten sich im Mittelwert in einem Streifgebiet von 1.640
Metern auf und nutzen minimalst einen Bewegungsraum von 230 Metern. Sechs Schildkröten schwammen extreme Strecken von 10,1 bis 14,2 Kilometer, flussaufwärts und flussabwärts. Die Männchen
verbrachten mehr als die Hälfte ihrer Zeit an Kiesbänken und suchten in den Zwischenräumen der Steine nach Insekten. Die Weibchen hingegen hielten sich zu 86,6 % ihrer Zeit in anliegenden Teichen
auf, in denen sie am Bodengrund nach den beliebten Muscheln suchten. Nur beim Nisten gehen die weiblichen G. caglei an Land, aber selbst dann bewegen sie sich nicht weit vom Ufer
entfernt. Killebrew et al. 2002 fanden bei ihrer Untersuchung heraus, dass sie dieselben Weibchen immer wieder entweder unterhalb oder oberhalb
eines Staudammes einfingen, obwohl die Weibchen mit einer Distanz von 10 bis 15 Metern den Damm umgehen hätten können. Auch nach starken Überflutungen konnten die Schildkröten wieder am selben
Standort eingefangen werden. Dass der Guadalupe River von vielen Barrieren zerstückelt wird, lässt die Wahrscheinlichkeit aufkommen, dass sich Graptemys caglei in sehr kleinen Populationen
reproduziert und, wenn überhaupt, dann nur selten in andere Gebiete übersiedelt (Ward et al. 2013).
Ernährung:
Die Ernährungspräferenzen unterscheiden sich zwischen Jungtieren und adulten Tieren sowie zwischen Männchen und
Weibchen. Jungtiere fressen Mücken, deren Nymphen und andere kleine Insekten sowie Larven. Untersuchungen zufolge (Porter 1990, zit. in Killebrew et al. 2002) ernähren sich die Männchen zu 80.5 % von Insektenlarven und davon hauptsächlich von Köcherfliegen. Der restliche Nahrungsbestandteil
der männlichen Tiere besteht aus Schnecken (16 %) und Asseln (1,9 %). Bei den Weibchen sieht es völlig anders aus. Sie nehmen nur 2,8 % Insekten, 7,8 % Pflanzliches und 88,5 % Muscheln, primär die
eingeschleppte asiatische Körbchenmuschel (Corbicula fluminea), zu sich. Weitere Insekten, die von beiden Geschlechtern aufgenommen werden, sind: Eintagsfliegen, Groß - und Kleinlibellen und
Larven der Steinfliege. Juvenile Männchen nehmen beinahe so viele Schnecken zu sich wie Insekten und junge Weibchen bereits die gleiche Menge an Mollusken, aber mit größerer Anzahl an Schnecken als
die asiatischen Muscheln. Saisonale Unterschiede konnten ebenfalls nachgewiesen werden. Die Männchen verzehren im Winter fast nur noch Köcherfliegenlarven, weil in den Wintermonaten kaum etwas
anderes vorhanden ist. Im Sommer hingegen ernähren sie sich vielseitiger. Die adulten Weibchen fressen eigentlich ganzjährig fast nur Muscheln (Lindeman
2013).
Wachstum und Fortpflanzung:
Männliche Graptemys caglei wird am Ende des zweiten Jahres geschlechtsreif. Bei den Weibchen ist unbekannt,
mit welchem Alter oder welcher Größe sie ihre Geschlechtsreife erreichen (Lindeman 1999, 2013). Graptemys caglei zeigt eine sehr intensive Balz
von beiden Geschlechtern, indem Männchen und Weibchen ausschließlich ein dominierendes Kopfzittern durchführen (Hertwig 2001).
Die Eiablagezeit der Weibchen dürfte im Frühjahr bereits Ende März beginnen und bis zum späten August andauern (Killebrew & Babitzke 1996). Ein Gelege kann durchschnittlich 3,8 Eier (1 – 8) enthalten und bis zu drei jährliche Gelege werden vermutet. Schlüpflinge sah man von September bis
November. Die Weibchen legen ihre Eier 2 bis 15 Meter von der Wasserkante entfernt und 30 cm bis 2,5 Meter über den Wasserpegel des Flusses. Die Eiergruben werden 4,5 bis 11 cm tief vergraben und die
Nestkammern sind 3 cm tief und 8 cm im Durchmesser (Killebrew & Babitzke 1996). Entlang des Guadalupe
Rivers existieren keine ausgedehnten Sandbänke, wie es von anderen Graptemys-Lebensräumen bekannt ist. Nester fand man in Sand, sandigem Lehm, Ton und in Sand sowie Kies-Mix. Graptemys
caglei hat, wie alle Höckerschildkröten, eine temperaturabhängige Geschlechtsfixierung während der Brutzeit. Der Scheitelpunkt ist jedoch wegen des weit südwestlichen Vorkommens 0,5 bis 1° C
höher als bei anderen Graptemys und liegt ziemlich genau bei 30° C (Wibbels et al. 1991).
Populationen:
Diese wurden in den Jahren 1990 bis 1999 im Guadalupe River sehr exakt studiert. Der Fluss wurde dabei in drei
Segmente geteilt: Der obere, mittlere und untere Guadalupe River. Der obere Flussabschnitt ist 253 km lang und beinhaltet 1.434 Individuen (durchschnittlich 5.7 Schildkröten per Flusskilometer). Das
mittlere Segment hat eine Länge von 226 km und enthält mit 10.067 Stück (44,5 Schildkröten per Kilometer) die größte Population. Das untere Drittel ist 142 km lang. Hier leben wiederum nur 1.967
Exemplare (13,9 Graptemys caglei per Flusskilometer). Das ergibt eine geschätzte Gesamtpopulation von 13.468 Schildkröten (Killebrew et
al. 2002). Im San Marcos schätzte man im Jahr 1991 284 Schildkröten. Simpson & Rose (2007)
beobachteten im Blanco River in 453 Forschungsstunden nur 13 Graptemys caglei. Viel häufiger scheint die Texas-Schmuckschildkröte (Pseudemys texana) zu sein. Hier schätzte man in
den Neunzigern im Guadalupe und San Marcos River 41.349 Tiere.
Graptemys caglei ist insgesamt von allen Höckerschildkröten die seltenste und die gefährdetste. Gleichzeitig gilt sie als eine der seltensten von allen nordamerikanischen
Schildkrötenarten.
Bedrohungen:
Haynes und McKown
gaben zum Zeitpunkt der Erstbeschreibung keine Hinweise darauf, dass Graptemys caglei als selten anzusehen ist oder bedroht wäre. Im Gegenteil gaben sie an, dass es eine recht häufige und in
den meisten Fundorten die dominierende Schildkrötenart im Guadalupe River gewesen sei. Seit 1974 dürften sie 50 bis 67 % ihres Lebensraumes eingebüßt haben (van Dijk 2013).
Mögliche Faktoren für diesen enormen Rückgang sind die Staudämme, Störung durch Erholungssuchende und Wasserverschmutzung. Was wirklich der ausschlaggebende Grund für den Bestandsrückgang bei
Graptemys caglei ist, hat man allerdings noch nicht genau erforscht (van Dijk
2011).
Das Problem der Stauanlagen ist zum einen, wie oben schon erwähnt, ihre Wassertiefe – oft sechs bis neun Meter – was eine Nahrungssuche am Bodengrund selbst für Graptemys unmöglich macht.
Zum anderen herrschen beim Ablauf ein höheres Strömungstempo und ein variabler Wasserstand. Ein täglicher Pegelunterschied von 0,5 bis 1 Meter ist normal, für die Schildkröten jedoch bereits
ungünstig. In extremen Fällen schwankte das Wasser unterhalb eines Staudamms aber um 3 bis 4 Meter - meist nach Trockenperioden und darauffolgenden starken Regenfällen. Angesichts dessen ist es kein
Wunder, dass hier sämtliche Nahrung und auch die vergrabenen Eier in den Nestern fortgespült werden (Killebrew et al. 2002). Der Guadalupe
River ist bekannt für seine extremen Schwankungen und kann selbst für Menschen bedrohliche Strömungsgeschwindigkeiten erreichen. Ein weiterer negativer Faktor ergibt sich durch die Staudämme. Im
Genfluss fanden Ward et al. (2013) bei 101 Exemplaren im gesamten Verbreitungsraum Differentiationen zwischen den Schildkröten oberhalb und
unterhalb des Canyon Lakes in 11 Mikrosatelliten-DNA- Markern. Das ergab sich in den wenigen Jahren, seit der Canyon Dam 1964 fertig gestellt wurde, wobei laut den Autoren auch die große Distanz
zwischen den untersuchten Populationen eine Rolle spielen dürfte.
Der Guadalupe River wird touristisch sehr stark von Menschen genutzt, u. a. zum Rafting, Kanu fahren und Fischen. Ein beliebtes Schauspiel ist das Tubing. Dabei lassen sich die Leute mit
aufgeblasenen Gummireifen den Fluss hinuntertreiben. Etwas oberhalb des Canyon Lakes durchfließt der Guadalupe River den State Park. Dort befindet sich eine der beliebten Tubing Strecken und sind
wenige Populationen von Graptemys caglei anzutreffen. Ein weiterer Abschnitt unterhalb des Canyon Dams bis zur Stadt New Braunfels wird am stärksten für den Tourismus und zum Tubing genutzt.
An manchen Tagen sind hunderte, wenn nicht tausende Gummischläuche am Wasser zu sehen. Wie oben erwähnt, ist Graptemys caglei in diesem Gebiet auch nahezu nicht
vorhanden.
Es gibt durchaus auch Flusssegmente, die als optimales Habitat für Graptemys caglei erscheinen, aber trotzdem nicht von ihnen bewohnt sind. Das liegt am wahrscheinlichsten an der
Wasserverschmutzung durch städtische und industrielle Abwässer, wie im stark industrialisierten Gebiet flussabwärts der Stadt Victoria, in dem keine Populationen dieser Schildkröten nachgewiesen
werden konnten (Killebrew et al. 2002).
Schutzmaßnahmen:
Graptemys caglei gilt seit dem Jahr 2000 in Texas als bedroht. Bis 2006 hatte man für G. caglei
immer wieder die Aufnahme in den ESA (Endangered Species Act) vorgeschlagen. Seit das Texas Parks and Wildlife Department kleinere Schutzprogramme durchführt, die
vor allem das vorsätzliche Sportschießen und das illegale Absammeln verhindern sollten, wird die Auflistung in den ESA nicht weiter als notwendig betrachtet (van Dijk 2011).
In der Roten Liste der IUCN ist die Art als Endangered mit sinkenden Populationen gelistet. Auch im Cites Appendix III International steht sie seit 14. Juni 2006. Allerdings wird sie bereits
für Anhang I vorgeschlagen (U.S. Fish and Wildlife Service 2012).
Graptemys caglei in Menschenhand:
Graptemys caglei zählt auf jeden Fall zu den seltensten Höckerschildkröten in Europa. Insgesamt kenne ich nur vier Personen, denen eine
Nachzucht mit dieser Art gelungen ist. Davon stammen die meisten Nachzuchten von zwei Männchen und einem Weibchen ab. Viele Nachzuchten davon sind eingegangen und das eine Weibchen und die zwei
Männchen wurden später leider nach Japan exportiert, wo das Weibchen mittlerweile verstorben ist (H. Hersche pers. Mitteilung.).
Das Problematische bei dieser Art ist die unberechenbare Aggressivität, wobei diese nicht bei allen Tieren auftritt. Sehr wahrscheinlich liegt es an der ursprünglichen Herkunft dieser Tiere. Da es in den oberen räumlich begrenzten Flussabschnitten oft zur Ressourcenknappheit kommen kann, dürften diese Populationen eine hohe intraspezifische Aggressivität entwickelt haben (Hertwig 2001). Das gilt für Schildkröten aus dem mittleren und unteren Guadalupe River möglicherweise nicht. Ich habe mit amerikanischen Besitzern von G. caglei gesprochen, die keinerlei Aggressionen bei ihren Schildkröten feststellen konnten. Sie waren sogar etwas verblüfft, als ich sie fragte, ob ihre auch so unverträglich seien. Dieses aggressive Verhalten könnte bei vielen Nachzuchten von dem einen Weibchen und den zwei Männchen, die bekannt für ihre Unverträglichkeit waren (Hertwig 2001), vererbt worden sein. Das ist aber nur eine Vermutung von mir. Ich staunte jedenfalls, als zwei Jungtiere bei mir mit aufgerissenem Maul aufeinander losgingen und sich mehrmals in sämtliche Körperregionen gebissen hatten. Besser funktioniert die Vergesellschaftung mit anderen Arten, aber auch da ist äußerste Vorsicht geboten. Ansonsten würde ich G. caglei als sehr robuste und unempfindliche Höckerschildkröte einschätzen, die sich außerdem sehr schnell eingewöhnt. Zumindest ist das meine bisherige Erfahrung mit ihnen.
Interessant könnte Graptemys caglei für diejenigen sein, die
ihre Schildkröten einzeln und absolut nicht überwintern wollen. Sicherlich kann man eine Überwinterung mit dieser Art durchführen, dies ist jedoch kein Muss, da sie in den meisten Jahren ganzjährig
aktiv sind. Die jahreszeitlichen Tageslichtlängen und Wassertemperaturen sollten aber trotzdem simuliert werden.
In Asien und Nordamerika werden Nachzuchten teilweise unter 100 oder mit bis zu 200 Dollar gehandelt. In Europa sind sie aufgrund der Seltenheit um ein Vielfaches teurer.
Literatur:
Ernst, C. H. & J. E. Lovich (2009). Turtles of
the United States and Canada. Second Edition Baltimore: The John Hopkins University Press.
Haynes, D. & R. R. McKown (1974). A new species of map turtle (Genus Graptemys) from the
Guadalupe Rriver System in Texas. Tulane studies in zoology and botany, 18, 143–152.
Hertwig, S. (2001). Ökologie, Haltung und Fortpflanzung im Terrarium von Graptemys caglei, G. flavimaculata, G. nigrinoda nigrinoda und G. oculifera. Salamandra, 37(1), 21–48.
Hertwig, S. (2000). Sawbacks Teil 1. Haltung und Zucht kleiner Graptemys-Arten. Fachmagazin Schildkröte, 2(1), 4–9.
Killebrew, F. C. & J. B. Babitzke (1996). Population analysis and nesting study of Cagle's map turtle: Final section 6 report e-3-1, project 52. Texas Parks and Wildlife Department, Austin.
Killebrew, F. C., W. J. Rogers & J. B. Babitzke (2002). Assessment of instream flow and habitat requirements for Cagle’s map turtle (Graptemys caglei) Canyon, TX: West Texas A&M University
Lindeman, P. V. (1999). Growth curves for Graptemys, with a comparison to other emydid turtles. American Midland Naturalist 142:141-151.
Lindeman, P. V. (2013) The Map Turtle and Sawback Atlas: Ecology, Evolution, Distribution, and Conservation of the Genus Graptemys. Norman: University of Oklahoma Press.
Simpson, T. R. & F. L. Rose (2007). Distribution of Cagle's map turtle (Graptemys caglei) in the Blanco and San Marcos Rivers.(report). Texas Journal of Science.
Ward, R., J. B. Babitzke & F. C. Killebrew (2013). Genetic population structure of Cagle's map turtle (Graptemys caglei) in the Guadalupe and San Marcos Rivers of Texas, a landscape perspective. Copeia, 2013(4), 723–728.
U.S. Fish and Wildlife Service (2012). Conference of the Parties to the Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora (CITES); Sixteenth Regular Meeting: Taxa Being Considered for Amendments to the CITES Appendices. http://www.fws.gov/international/cites/cop16/3rdfederalregisternoticeweb.pdf downloaded am 23.1.2016.
van Dijk, P. P. 2013. Graptemys caglei. The IUCN Red List of Threatened Species. Version 2014.3. http://www.iucnredlist.org downloaded am 23.1.2016.
Wibbels, T., F. C. Killebrew & D. Crews (1991). Sex determination in Cagle's map turtle: Implications for evolution, development, and conservation. Canadian Journal of Zoology, 69, 2693–2696.